„Hülle und Fülle“

Angelika Kissing

Eine installative Ausstellung mit Malerei und Objekten

2008


Liebe Kunstfreunde,

danke, dass Sie gekommen sind.

Ich bin Angelika Wittek vom Kunstraum 57 und möchte Sie heute zur Ausstellung von Angelika Kissing: Hülle und Fülle, begrüssen.

Dieser Kunstraum ist normalerweise mein Atelier. Einmal im Jahr, demnächst auch zweimal, mache ich ihn frei und stelle ihn einem Künstler für eine Ausstellung zur Verfügung.

Warum mache ich das? Zum einen, um mich selbst in der Auseinandersetzung mit der Arbeit eines andern Künstlers, anzuregen und zu inspirieren. Ich begegne dem Raum neu.

Zum andern, um das „Sechzigviertel“, den scheinbar verschlafenen Teil von Nippes, wach zu machen. Passanten und Bewohner, die oft „im Trott“ hier vorbeigehen, werden irritiert, aufmerksam und wach, schauen rein, konfrontieren sich in irgendeiner Art mit Kunst. Man spricht hier inzwischen von einem Ort „Lebendiger Kunst“.

Dieses Jahr finden Sie hier eine installative Ausstellung mit Malerei und Objekten von Angelika Kissing mit dem Thema: Hülle und Fülle vor.

Angelika Kissing ist Mitglied der Gedok Köln, die größte Künstlerinnenvereinigung Deutschlands. Der Verband von Künstlerinnen und Kunstförderern vertritt Künstlerinnen aus den Sparten Angewandte Kunst, Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Literatur, Musik und Tanz. Dieser kraftvolle Kunstverein zählt bundesweit mehr als 3000 Mitglieder und übernimmt die Aufgabe, professionelle Künstlerinnen in ihrer Arbeit zu fördern und Ihnen eine Öffentlichkeit zu schaffen. Einige mögen sich jetzt fragen, ob es denn heute noch nötig ist, auf dem Hintergrund der Emanzipation der Frau, Künstlerinnen zu unterstützen.
Ja, die Zeiten, in denen es Frauen verboten war, eine Kunstakademie und vor allem das Aktstudium zu besuchen, sind Gott sei Dank seit fast 100 Jahren vorbei. Doch noch immer gibt es Handlungsbedarf. Zum Beispiel gibt es bis heute bei Ausschreibungen für Stipendien, Wettbewerbe und Preise eine Altersbegrenzung ( 35 Jahre). Ein Alter, in dem viele Künstlerinnen noch an familiäre Verpflichtungen gebunden sind und die Arbeit an ihrer künstlerischen Karriere zurückgestellt haben. Greifen sie später diese Arbeit wieder auf, haben sie bei der üblichen Altersbegrenzung geringere Chancen, eine erfolgreiche Karriere aufzubauen. Obwohl man inzwischen weiß, dass bedeutende Werke von Künstlerinnen oft gerade nach der Familienphase, in der „dritten Lebensphase“ entstehen.Einer Lebenszeit, die durch einen enormen Zuwachs von kreativem Potential gekennzeichnet ist: Käthe Kollwitz, Hanna Höch, Louise Bourgeois, Niki de Saint Phalle, Magdalena Abakanowicz usw.( vgl. Hanna Gagel: So viel Energie. Künstlerinnen in der dritten Lebensphase).

Aber nun zur Ausstellung von Angelika Kissing.

Angelika Kissing studierte in Krefeld an der Fachhochschule Niederrhein den Fachbereich KeramikDesign. Sie begegnete mir auf Ausstellungen mit beeindruckenden raumgreifenden keramischen Installationen. In den letzten Jahren wurde ihre künstlerische Entwicklung zunehmend von ihrer „Lust auf Farbe“ geprägt. Sie wendete sich verstärkt auch der Malerei zu und fand darüber einen erneuten Bezug zu dreidimensionalen Arbeiten aus Papier.

Die Elemente ihrer installativen Ausstellung hier im Kunstraum 57, Bilder, Farbplatten, hängende Figurinen aus Papier und Tonkörper, kann man im Einzelnen, aber auch als ein prozessual entwickeltes Gesamtkunstwerk betrachten. Angelika Kissing sagte dazu: Alles hat mit Allem zu tun.

Ausgangpunkt ist hier die Malerei. In der Malerei geht es Angelika Kissing um die „Eigenwertigkeit und Präsenz von Farbe“. Farbe ist der Motor der Bildfindung. In mehreren Schichten aufgetragene, sich überlagernde intensive Farbfelder werden von expressiv - dynamischen Bewegungsspuren durchzogen. Befreit von Form und Inhalt lassen sie den Betrachter eintauchen in die Farbwelt und geben Assoziationen Raum.

In ihrem malerischen Bildfindungsprozess benutzt Angelika Kissing Pappplatten als Farbmusterproben, um überschüssige Ölfarbe abzunehmen oder in einem weiteren Arbeitsschritt wieder auf die Bildfläche aufzudrucken. Diese Farbplatten ( mehr als 500 ) wurden hier vor Ort zu einem einmaligen Kunstwerk, einer berauschenden, raumgreifenden Farbwand zusammengefügt.

Auch Seidenpapier wurde zum Abnehmen überschüssiger Farbe verwendet . Durch Weiterverarbeitung, Schichtungen und Verleimungen, führte es im künstlerischen Prozess widerum zu neuen Bildschöpfungen oder wurde zum Grundmaterial für Papierskulpturen.

Figurinen nennt Angelika Kissing diese farbigen, dreidimensionalen Objekte aus Papier, die durch schwebende Leichtigkeit gekennzeichnet sind.

Mit den Figurinen schliesst Angelika Kissing den Kreis. Zur Herstellung der Figurinen benötigt sie Tonkörper als Negativform. Viele Seidenpapiere werden in Schichten miteinander verklebt und auf den Tonkörper gelegt. Im Trocknungsprozess nehmen sie Form an und können anschliessend zu farbigen, transparenten Körpernhüllen zusammengefügt werden.

Hülle und Fülle, das Thema der Ausstellung, bekommt hier in vielfältiger Art Sinn. Aus der Fülle ( der Prozesse, der Farbe, der Papiere) entstanden Hüllen, dreidimensionale Objekte, die eine imaginäre Körperlichkeit andeuten. Der Überfluss, die Fülle, wurde die Grundlage für neue faszinierende Kreationen. Hülle und Fülle steht auch für das beeindruckende Ergebnis eines intensiven künstlerischen Schaffungsprozesses einer Frau, Angelika Kissing.

Geniessen Sie heute Kunst in Hülle und Fülle. Lassen Sie erfreuen und inspirieren.

Noch ein Hinweis zum Schluss:

Es gibt noch keramische Objekte von Angelika Kissing im Garten des Kunstraumes zu sehen.

Bis zum 13. Juni 08, kann man noch weitere Bilder von Angelika Kissing im Oberlandesgericht am Reichensberger Platz sehen.

Auch am nächsten Sonntag, dem 8.Juni 08, wird diese Ausstellung hier wieder von 15 – 19 Uhr geöffnet sein. Wenn es Ihnen gefallen hat und sie noch kunstinteressierte Menschen kennen, schicken Sie sie in diese Ausstellung.

Am Mittwoch, dem 11.6. 08, dem letzten Abend der Ausstellung können Sie hier zusätzliche eine Lesung von Anne Bortz, einer Schauspielerin des Keller-Theaters geniessen. Der Eintritt ist frei.

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen viel Vergnügen.

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